Energieeffizienz im Gebäudesektor: Neue Standards und Förderungen
Was Hausbesitzer und Unternehmen über die neuen Energieeffizienzstandards wissen müssen und welche Fördermöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Der Gebäudesektor als Schlüssel zur Klimaneutralität
Der Gebäudesektor ist für etwa 35% des deutschen Energieverbrauchs und rund 30% der CO₂-Emissionen verantwortlich. Damit spielt er eine entscheidende Rolle bei der Erreichung der Klimaziele. Die gute Nachricht: In kaum einem anderen Bereich lassen sich Treibhausgasemissionen so wirtschaftlich reduzieren wie durch energetische Sanierungen und effiziente Neubauten.
Die Bundesregierung hat daher ambitionierte Ziele gesetzt: Bis 2050 soll der Gebäudebestand in Deutschland nahezu klimaneutral sein. Dies erfordert eine umfassende Transformation des Sektors, unterstützt durch regulatorische Maßnahmen, Förderungen und innovative Technologien.
Die neuen Energieeffizienzstandards: Was hat sich geändert?
Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) 2023 wurden die Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden in Deutschland deutlich verschärft. Das Gesetz fasst die bisherigen Regelungen aus Energieeinsparverordnung (EnEV), Energieeinspargesetz (EnEG) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammen und definiert neue Standards.
Anforderungen an Neubauten
Seit Januar 2025 müssen alle neuen Gebäude mindestens den Effizienzhaus-40-Standard erreichen, was bedeutet, dass sie nur 40% der Energie eines Referenzgebäudes verbrauchen dürfen. Öffentliche Gebäude müssen sogar den Effizienzhaus-30-Standard erfüllen.
Zudem gilt, dass mindestens 65% der Wärmeversorgung durch erneuerbare Energien gedeckt werden müssen. Dies kann durch verschiedene Technologien wie Wärmepumpen, Solarthermie, Biomasse oder Fernwärme aus erneuerbaren Quellen erreicht werden.
Die wichtigsten Effizienzhaus-Standards im Überblick
- Effizienzhaus 40 Plus: Höchster Standard mit sehr niedrigem Energiebedarf plus Energieerzeugung und Speicherung
- Effizienzhaus 40: 60% weniger Energiebedarf als Referenzgebäude
- Effizienzhaus 55: 45% weniger Energiebedarf als Referenzgebäude
- Effizienzhaus 70: 30% weniger Energiebedarf als Referenzgebäude
Anforderungen für Bestandsgebäude
Auch für bestehende Gebäude wurden die Anforderungen verschärft. Bei umfassenden Sanierungen müssen vergleichbare Effizienzstandards erreicht werden wie bei Neubauten. Zudem gilt:
- Ölheizungen dürfen ab 2026 grundsätzlich nicht mehr neu eingebaut werden.
- Heizungen, die älter als 30 Jahre sind, müssen in der Regel ausgetauscht werden.
- Bei Eigentümerwechsel muss innerhalb von zwei Jahren eine energetische Sanierung durchgeführt werden, wenn die Immobilie nicht bereits hohe Energiestandards erfüllt.
- Für Gebäude mit mehr als fünf Wohneinheiten wird eine hydraulische Optimierung des Heizungssystems verpflichtend.
Aktuelle Förderprogramme für energetische Maßnahmen
Um die energetische Sanierung und den effizienten Neubau zu unterstützen, hat die Bundesregierung verschiedene Förderprogramme aufgelegt:
Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)
Die BEG ist das zentrale Instrument zur Förderung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien im Gebäudebereich. Sie umfasst drei Teilprogramme:
- BEG Wohngebäude (BEG WG): Fördert Neubau und Sanierung von Wohngebäuden
- BEG Nichtwohngebäude (BEG NWG): Unterstützt Neubau und Sanierung von Nichtwohngebäuden
- BEG Einzelmaßnahmen (BEG EM): Fördert einzelne energetische Maßnahmen wie Heizungstausch oder Dämmung
Die Fördersätze können bis zu 50% der förderfähigen Kosten betragen, abhängig vom erreichten Effizienzstandard und den eingesetzten Technologien.
Bundesförderung für Wärmepumpen
Wärmepumpen gelten als Schlüsseltechnologie für die Wärmewende. Die Förderung umfasst:
- Basisförderung von 30% für alle Wärmepumpen
- Zusätzlich 5% für Wärmepumpen mit natürlichen Kältemitteln
- Weitere 5% für besonders effiziente Wärmepumpen (Jahresarbeitszahl > 4,5)
- 20% Bonus für den Austausch einer Öl-, Kohle-, Nachtspeicher- oder älteren Gasheizung
"Energieeffizienz ist die erste erneuerbare Energie. Jede eingesparte Kilowattstunde muss nicht erzeugt werden und belastet die Umwelt nicht – gleichzeitig spart sie dauerhaft Kosten."
Prof. Dr. Karsten Weber, Leiter des Instituts für nachhaltige Gebäudetechnik
Innovative Technologien für energieeffiziente Gebäude
Die Energiewende im Gebäudesektor wird durch zahlreiche innovative Technologien unterstützt:
Intelligente Heizsysteme
Moderne Heizungssteuerungen können den Energieverbrauch um bis zu 20% senken, indem sie Wetterprognosen, Nutzungsverhalten und solare Einstrahlungen berücksichtigen. Durch die Einbindung in Smart-Home-Systeme lässt sich die Effizienz weiter steigern.
Gebäudeautomation
Intelligente Gebäudesteuerungen optimieren den Betrieb von Heizung, Lüftung, Beschattung und Beleuchtung automatisch und tragen so zu einer deutlichen Effizienzsteigerung bei.
Innovative Dämmstoffe
Hochleistungsdämmstoffe wie Aerogele oder Vakuumisolationspaneele (VIP) erreichen bei geringer Dicke hervorragende Dämmwerte und eignen sich besonders für Bestandsgebäude mit begrenztem Platzangebot.
Photovoltaik-Wärmepumpen-Systeme
Die Kombination aus Photovoltaikanlage, Wärmepumpe und Batteriespeicher ermöglicht eine weitgehend autarke und klimaneutrale Energieversorgung von Gebäuden.
Praxisbeispiele aus Deutschland
In ganz Deutschland entstehen bereits Gebäude, die die neuen Standards nicht nur erfüllen, sondern übertreffen:
Effizienzhaus Plus-Siedlung in Heidelberg
In der Bahnstadt Heidelberg entstand Europas größte Passivhaussiedlung. Alle Gebäude erzeugen mehr Energie als sie verbrauchen und speisen überschüssigen Strom ins Netz ein.
Sanierung des Berliner EUREF-Campus
Der historische Gasometer in Berlin wurde zu einem Vorzeigeprojekt für nachhaltige Gebäudesanierung umgebaut. Der Campus deckt seinen Energiebedarf vollständig aus erneuerbaren Quellen und übertrifft die Klimaziele der Bundesregierung für 2050 bereits heute.
Schulgebäude in München
Die neue Grundschule am Haimhauserweg in München wurde als Effizienzhaus 30 mit Holzbauweise realisiert. Die Energie für Heizung und Warmwasser wird zu 100% aus erneuerbaren Quellen gedeckt.
Checkliste für Hausbesitzer und Unternehmen
Was sollten Hausbesitzer und Unternehmen jetzt tun, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden?
- Energieberatung in Anspruch nehmen: Professionelle Energieberater können den Ist-Zustand des Gebäudes analysieren und individuelle Sanierungsfahrpläne erstellen. Die Kosten für die Beratung werden zu 80% gefördert.
- Fördermöglichkeiten prüfen: Vor Beginn der Maßnahmen sollten die aktuellen Förderprogramme geprüft und Anträge gestellt werden.
- Sanierungsfahrplan erstellen: Ein langfristiger Plan hilft, Maßnahmen sinnvoll zu koordinieren und Fördermittel optimal zu nutzen.
- Qualifizierte Fachbetriebe beauftragen: Nur fachgerecht ausgeführte Maßnahmen bringen den gewünschten Energiespareffekt und sichern Fördergelder.
- Energiemonitoring einrichten: Die kontinuierliche Überwachung des Energieverbrauchs hilft, den Erfolg der Maßnahmen zu kontrollieren und weitere Einsparpotenziale zu identifizieren.
Ausblick: Die Zukunft des energieeffizienten Bauens
Der Trend zu immer effizienteren Gebäuden wird sich in den kommenden Jahren weiter verstärken. Bis 2030 könnten Plusenergiehäuser zum Standard werden, die mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen.
Die Digitalisierung wird eine immer wichtigere Rolle spielen, vom Building Information Modeling (BIM) in der Planung bis zum intelligenten Energiemanagement im Betrieb. Darüber hinaus wird die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen an Bedeutung gewinnen, mit einem Fokus auf recycelbare und nachwachsende Baustoffe.
Energie- und ressourceneffizientes Bauen und Sanieren ist nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz, sondern rechnet sich auch wirtschaftlich – durch sinkende Betriebskosten, steigende Immobilienwerte und höheren Wohnkomfort.